Nacht mit Gästen

Peter Weiss // Ein ungebetener Gast dringt in die Familie ein und bedroht die Bewohner mit dem Messer. Die Spirale der Gewalt steigert sich rapide und erfasst auch die Kinder, die sich letztlich als nicht weniger grausam erweisen. Ein in Knittelreimen verfasstes antipsychologisches Schaustück über Gewaltstrukturen – ein szenischer Live-Stummfilm mit eigens komponierter Klaviermusik und einem Pianisten, der alle Fäden in der Hand hält.

„Ich hör ihn zwischen den Bäumen schnaufen / Da kriecht durch den Nebel ein riesiger Haufen / Seine Augen glühen in der Nacht wie feurige Kohlen / So schleicht er herüber auf morastigen Sohlen / Auf fetten Schultern trägt er ein unheimlich Ding / Direkt vom Moor über die Wiese hin!“  WARNER

Credits

SPIEL: Aljoscha Domes, Pauline Papenfuß, Isabelle Stolzenburg, Mariam Soufi Siavash, Ulrich Haug, Veit Merkle  REGIE: Johannes Arnold DRAMATURGIE: Stefanie Fiedler AUSSTATTUNG: Elisabeth Giers KOMPOSITION UND LIVEMUSIK: Michael Müller PRDOUKTION: Johannes Arnold FOTOS: Elisabeth Giers PREMIERE: 9.02.2005 Kulturfabrik Löseke

 

PRESSESTIMMEN:

In  den 60er Jahren hat Peter Weiss seine Groteske „Nacht mit Gästen“ geschrieben: eine antipsychologische, sinnentleerte Gewaltszenerie, verpflanzt in ein Kasperltheater, gesprochen in Knittelreimen. Man kann sie als Antwort auf zwei Weltkriege lesen. In Schaubudendramatik legt Peter Weiss den Finger auf eine archaische Szenerie. Ein Gast, genannt Kasper, dringt in das Familienidyll ein, will Geld und Leben. Er nistet sich ein im Familienschoß, droht, erpresst, fuchtelt alle naslang mit dem Messer und dekonstruiert ganz nebenbei das Bild einer harmonischen Familie. (…) In Stummfilmästhetik mit seiner überzogenen Gestik und Mimik und live Klavieruntermahlung (Michael Müler) beginnt ein Machtkampf um Leib und Leben – und eine Truhe Gold. Der jähzornige Kasper (Veit Merkle), die bangenden Mädchen, die lasziv-gewiefte Ehefrau (Isabelle Stolzenburg), der hausbackene Ehemann jagen um den Küchentisch, kreischend wie in einem Karussell. (…) Mit allem verfügbaren Charme umgarnen Frau und Töchter den Eindringling, die einen am Daumen nuckelnd, die andere am Decolleté fummelnd, bieten Bett und Familienanschluss. (…) Der Polizist (Aljoscha Domes) stört die Eintracht. Als belfernde Hitlerkarrikatur sieht Justizia nach dem rechten, betört die Ehefrau mit einer Plastikblume und weist den Kasper in die Schranken. Aber da es im Grunde egal ist, wer die Gewalt ausübt, wenn sie schon mal da ist, nimmt er sich lieber, was er eh gekriegt hätte und vergewaltigt die Frau des Hauses. (…) „Theater 11. August stellt in seiner Inszenierung, die in Kooperation mit dem Studentenwerk Braunschweig entstanden ist, ein bizarres Kaspertheater auf die Bühne. Schrill, klobig und klamaukig unterstreicht Regisseur Johannes Arnold den widerständigen, eckigen Text von Peter Weiss, der nur eine Deutung zulässt und gleichzeitig nach ihr fragt: Im Kasperltheater gibt es weder Charaktere noch seelische Komplikationen, es gibt nur „Ohrfeigen und Messerstiche“ (Weiss). Wie aufgezogen rumpeln die Gestalten durch ihr Drama, bis die Spieluhr abläuft, dann fallen sie einfach um.“   Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 11.02.2005